Von Hygienekonzepten, digitalem Training und Akku-Baustrahlern – Wie Kinder- und Jugendsport 2020 dann doch irgendwie stattfand

… und dann war halt doch auf einmal Pandemie, so richtig und nicht nur irgendwo weit weg. Wintertraining, Theorieeinheiten, alles ab Mitte März abgesagt. Das lässt sich natürlich, wenn auch unschön, noch halbwegs verkraften, aber spätestens als der Frühling sich dann doch nachhaltig breitzumachen schien, fingen beim Blick aufs Wasser die Finger an zu kribbeln und es drängte sich die Frage auf: Wie und wann können wir endlich wieder trainieren? Dazu hier ein kurzer Abriss, wie Kinder- und Jugendsport in der SGW 2020 dann irgendwie doch stattfinden konnte.

Gut, wir konnten uns nicht mehr treffen, also fix die Kommunikation zwischen den TrainerInnen auf voll-digital umgestellt, soweit kein Problem. Kontakt zu den Eltern und Aktiven wie immer zu dieser Zeit per E-Mail. Nach über zwei Monaten genauster Lektüre aller Verordnungen und deren Änderungen zeichnete sich Ende Mai langsam ab, dass in naher Zukunft die Möglichkeit bestehen könnte, wieder in irgendeiner Form Training durchführen zu können.

Ein Punkt war uns aber von vornherein klar: Wir als Kinder- und Jugendsport haben sowohl eine große Verantwortung den Aktiven und TrainerInnen gegenüber, als auch eine nicht zu unterschätzende Vorbildfunktion. Alles, was wir in dieser Situation machen, muss sich also mindestens strikt im Rahmen der geltenden Richtlinien bewegen und wenn sinnvoll, auch über diese hinaus Regeln schaffen, um für alle ein sicheres Training zu gewährleisten. Soweit klar, also zunächst Voraussetzungen schaffen:

In virtueller Sitzung wurde durch die TrainerInnen ein umfassendes Hygienekonzept für den Kinder- und Jugendsport erstellt und später vom Vorstand bestätigt. Dieses behielt mit kleineren Anpassungen bis zum Ende der Saison Gültigkeit. Neben den ohnehin geltenden Regeln zu Abstand und generell vernünftigem Verhalten in einer Pandemie und ohne an dieser Stelle das komplette Konzept abdrucken zu wollen, waren uns dabei unter anderem folgende Punkte besonders wichtig: Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes fast immer, wenn wir nicht auf dem Boot sitzen (also effektiv: an Land), einzelnes Betreten von sanitären Anlagen, kein Verleihen von persönlicher Ausrüstung, nochmals erhöhter Abstand untereinander bei Besprechungen, lückenlose Anwesenheitsdokumentation, und noch einiges mehr.

Gut, Konzept steht, Vorstand nickt, nun mussten wir an sich nur noch warten, bis es losgehen darf. Als es dann Anfang Juni tatsächlich so weit war, dass auch letzte uns die Suppe-versalzende Regelungen (Stichwort Umziehen auf dem Gelände) aufgehoben wurden, stellten sich vor dem ersten Training dann aber schon die Fragen: Wird das Konzept aufgehen? Gelingt es den TrainerInnen es umzusetzen? Und wie wird das Ganze von den Aktiven aufgenommen und befolgt?

Die kürzest mögliche Antwort darauf lautet: Ja!

Nachdem unsere Regeln schon vorher kommuniziert und zu Beginn des Trainings besprochen wurden, war es sehr eindrucksvoll zu beobachten, wie sich alle Altersgruppen, vom Opti-Anfänger bis zur 420er Seglerin wie selbstverständlich penibelst an alle Vorsichtsmaßnahmen hielten, sich sogar gegenseitig daran erinnerten. Vom ersten bis zum letzten Training gab es kaum Situationen, in denen ein Trainer mal eine Augenbraue heben musste. Alle waren froh segeln zu können, wen stören da schon so ein paar Zusatzregeln: Maske auf, Hände waschen, Anmelden, Boot aufbauen, warten bis Platz zum Umziehen frei ist, Besprechung im extra großen Besprechungskreis, Boot ins Wasser (vorher schnell die Maske in die Tasche), Training, alles noch einmal rückwärts, Applaus, nach Haus.

So einfach kann es tatsächlich sein, wenn TrainerInnen mit gutem Beispiel vorangehen, alle mitmachen und sich einig sind, dass wir vor allem einfach segeln wollen. Anerkennende Blicke einiger erwachsener Sportsfreunde gibt’s dann sogar noch obendrauf.

Nun, zugegebener Maßen war der Anfang für die 420er ein wenig holpriger. Da unsere speziellen Bedürfnisse als Segler, vor allem im Zweihand-Bereich, natürlich eine Weile brauchten, bis diese auch in den entsprechenden Verordnungen Berücksichtigung fanden, mussten wir hier noch etwas Zeit überbrücken. Jemandem zu versuchen weiszumachen, auf einem 420er permanent den zu diesem Zeitpunkt auch im Sport geltenden Mindestabstand einhalten zu können, hielten wir für sehr weit hergeholt. Es war nicht an uns über Sinn und Unsinn geltender Verordnungen zu befinden, also Alternativprogramm mit Abstand: Sport im Freien, Fein-Tuning der 420er und endlich mal wieder auf Einhand-Booten segeln, auch wenn der Opti für einige schon ein wenig eng geworden ist. Ein paar Wochen später wurden die Regelungen angepasst und es ging endlich wieder auf größere Boote.

Und so ging es dann durch den Sommer Richtung Herbst. Unser Trainingslager in Greifswald konnte nach geltenden Regeln fast normal stattfinden, solange wir unter uns blieben und uns an die geltenden Hygieneregeln hielten. Zum Ende der Saison wurden wir sogar noch mit ein paar wenigen stattfindenden Regatten belohnt, allesamt mit hervorragenden Hygienekonzepten.


Schöne Saison an sich; ein bisschen spät angefangen, ein paar mehr Regatten und Feiern im Verein wären schön gewesen, aber am Anfang des Jahres hätte noch niemand gedacht, dass wir 2020 überhaupt aufs Wasser kommen.

Den Sommer über konnten wir davon profitieren, dass eigentlich alles was wir machen draußen stattfindet. Nun nahte aber der Winter und die Marschrichtung war relativ schnell absehbar. Also Anfang Oktober wieder virtuell zusammensetzen und überlegen, was sinnvoll möglich ist:

Obwohl zu diesem Zeitpunkt noch im Rahmen des gesetzlich Möglichen, wurde nach ausgiebiger Abwägung ein Training wie sonst in der Sporthalle von vornherein ausgeschlossen. Zu viele Leute aus zu vielen Schulen und Umfeldern auf zu wenig schlecht belüftetem Raum: Fällt flach. Alternativen? Geeigneten Platz suchen, gegen die Dämmerung mit Akku-Baustrahlern ausleuchten und solange das Wetter mitspielt zumindest eine stark verkürzte Einheit Sport in der Woche anbieten, ergänzt durch Lauf und/oder Fahrradgruppen. Platz gefunden, ausgeleuchtet, abgesagt. Noch bevor wir unseren Plan umsetzen konnten, schwappte die erwartete Welle dann doch schneller als gedacht über uns und die nun wieder geltenden Kontaktbeschränkungen machten uns einen nachhaltigen Strich durch die Rechnung.

Also nun ein ganzer Winter ohne Sport, Theorie und vor allem ohne uns zu sehen? Kurz gesagt: Nö! Wir entschieden uns das Ganze mit zwei Konzepten anzugehen, da unsere Pläne für die Älteren nicht sinnvoll für die Jüngeren durchführbar erschienen. Die Idee für Beide hieß digitales Training, so richtig mit Videokonferenz. Weil komfortabel, einfach zu nutzen, bei einigen schon vorhanden und Datenschutz-technisch halbwegs akzeptabel setzten wir dafür einen entsprechenden Discord Server auf, der nebenbei auch noch zur Abwicklung von Trainer- und Vorstandssitzung genutzt wird.

Für Opti und 420er gibt es je einen Termin pro Woche, an dem sich alle (virtuell) treffen. Für die 420er gibt es hier wöchentlich einen kurzen Theorie-Teil und die Auswertung des über die Woche selbständig durchgeführten Sport-Teils. Dazu wurde eine allen verfügbare Tabelle mit Auswertungsfunktion gebaut, in der für jeden Tag die persönliche Anzahl an gemachten Liegestützen, Crunches, gelaufene Kilometer, …, eingetragen werden können.  Haben wir unser gemeinsames Wochenziel von z.B. 700 Crunches noch nicht erreicht, holen wir den Rest gemeinsam nach dem Theorie-Teil nach, ansonsten geht’s gleich weit mit den Zielsetzungen für die nächste Woche (17530 Liegestütze seit November, immerhin…). Da die asynchrone Variante uns vor allem für die jüngeren Opti-Kinder als wenig aussichtsreich erschien, gibt es hier grundsätzlich im wöchentlichen Wechsel Live-Sport und Theorie in den entsprechenden Trainingsgruppen, ergänzt durch kurze Spiele wie „Segeltabu“ oder „Ich packe meinen Opti und nehme mit …“.

Auch diese ungewohnte Form von Training wurde von allen gut angenommen und wird uns wohl noch bis es wieder an die Boote geht begleiten. Es war natürlich von vornherein klar, dass ein vollwertiges Wintertraining so nie ersetzt werden kann. Die Idee war viel mehr sich besser zu etwas Bewegung motivieren zu können und nicht den Kontakt untereinander zu verlieren, sei es auch nur durch eine wöchentliche Einheit dusslig-quatschen vor und nach dem digitalen Training.

Was passiert als nächstes? Gute Frage. Der Frühling kommt, unsere Konzepte liegen angepasst in der Schublade, wir warten aufs Los. Momentan sieht es zwar noch nicht unbedingt rosig aus, aber sowohl wir, als auch alle die Verordnungen beschließen haben nun schon ein Jahr Erfahrung mit Kinder- und Jugendsport unter Pandemie-Bedingungen. Dies und das vorbildliche Verhalten fast aller TrainerInnen, Aktiven und Organisatoren der wenigen Regatten über die komplette Saison hinweg, lassen dann doch einen positiven Blick in Richtung des hoffentlich baldigen Saisonbeginns zu. Weiter gehen wird es in jedem Fall, im Zweifel lassen wir uns halt wieder etwas Neues einfallen.

Denes Fischer – Jugendleiter Segelgemeinschaft Wendenschloß e.V